IÖW-Tagung „Wandel am Limit – und jetzt?“
Ein Rückblick von Dagmar Schmidt, Vorständin des Vereins Lausitzer Perspektiven e.V. und Projektleitung der Bürgerregion Lausitz.
Am 9. Oktober 2025 lud das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) zu seiner Jubiläumstagung „Wandel am Limit – und jetzt?“ nach Berlin ein. Anlässlich seines 20-jährigen Bestehens reflektierte das Institut die eigenen Forschungsansätze und stellte sich selbstkritisch der Frage, warum der sozial-ökologische Wandel in Deutschland auf so viele Widerstände stößt – auch innerhalb jener Community, die ihn eigentlich vorantreiben möchte.
Ein Blick aus der Lausitz
Unsere Zusammenarbeit mit dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) reicht bis ins Jahr 2013 zurück. Damals begann – gewissermaßen – die Genese der Lausitzer Perspektiven und in der Folge auch der Bürgerregion Lausitz. Ausgangspunkt war unsere Voruntersuchung zur zivilgesellschaftlichen Beteiligung am Strukturwandel. Das IÖW war seinerzeit stark in wirtschaftliche Analysen und energetische Berechnungen eingebunden, etwa zu den Folgen der Kraftwerksabschaltungen und zu den Potenzialen erneuerbarer Energien.
Ich erinnere mich, dass der Fokus damals klar auf ökonomischen und ökologischen Fragestellungen lag. Mit dem Fortschreiten der Transformationsprozesse erlebte ich, wie sich das IÖW zunehmend sozialwissenschaftlichen Themen zuwandte – ein Perspektivwechsel, der unsere Arbeit in der Lausitz und die Forschung des Instituts näher zusammenbrachte. Dass das IÖW sein 20-jähriges Jubiläum mit einer Tagung feierte, die sich ausdrücklich als suchend und nicht als wissend verstand, empfinde ich als konsequent und ermutigend.
Ich war eingeladen, an einem Podium teilzunehmen, auf dem wir unsere Aktivitäten in der Lausitz aus regionaler Perspektive vorstellen konnten (Tagungslink). Auch Kira Sawicka von Wertewandel e.V. war vertreten; sie brachte im Workshop „Demokratische Innovationen in polarisierten Zeiten“ ein prägnantes Fazit ein.
Persönliche Eindrücke und Fazit
Ich habe die Tagung als offen, reflektiert und dialogorientiert erlebt. Besonders eindrücklich war die Bereitschaft, Unsicherheiten und Widersprüche nicht zu glätten, sondern sie als Ausgangspunkt für gemeinsames Lernen zu begreifen.
Mein Fazit
- Immer wieder zeigen sich die – vielleicht nicht vollständig zu überbrückenden – Distanzen zwischen Stadt und Land, zwischen Forschung und Umsetzung, zwischen politischer Teilhabe und Exklusion. Die Überwindung dieser Gegensätze ist aus meiner Sicht entscheidend, wenn eine sozial-ökologische Transformation gelingen soll.
- Die Lausitz befindet sich in einer besonderen, fast paradoxen Situation: Wir profitieren von einem finanziellen Sondervermögen für den Kohleausstieg, tragen aber zugleich die Last struktureller Verwundungen – demografische Alterung, wirtschaftliche Brüche der Wendejahre, politische Verhärtung. Als zivilgesellschaftlicher Akteur, der sich auf informelle Beteiligung spezialisiert hat, frage ich mich: Können wir tatsächlich etwas bewirken, das unser Zusammenleben dauerhaft verbessert?
- Viele Ansätze – auch unsere eigenen – entstehen im „Klein-Klein“. Doch gerade in diesem Experimentieren liegt eine enorme kreative Kraft, die allzu oft durch bürokratische Strukturen und Förderlogiken ausgebremst wird.
Ausblick
Der Austausch mit dem IÖW und den anderen Teilnehmenden hat mir einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, Räume des Suchens offenzuhalten – Räume, in denen unterschiedliche Wissensformen, Sprachen und Perspektiven miteinander in Resonanz treten können. Genau dort entstehen die Impulse, die unsere Region braucht, um den Wandel sozial, ökologisch und menschlich zu gestalten.
Dagmar Schmidt (zweite von rechts) bei der IÖW-Tagung. Foto: Kira Sawicka